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“Die Schöne Müllerin” – The glory of the millers doom (Uraufführung)

“Die Schöne Müllerin” – The glory of the millers doom
Eine musiktheatralische Inszenierung durch den Komponisten Stefan Fraunberger.

“Die Schöne Müllerin” ist eine Neufassung des frühromantischen Liederzyklus von Franz Schubert / Wilhelm Müller. Die Überschreibung des Urmaterials widmet sich thematisch der Frage nach Identität im Kontext gesellschaftlicher und klimatischer Veränderungen. In Schuberts Musik liegt der Schmelztiegel-Charakter Wiens bereits begraben: böhmische Tänze, Trauerweiden im Donaudelta, osmanische Makam-Entrückungen im Kleide des Walzers, wankende Landler und Neuro-Untergangsszenarien des Subjekts.

Zumeist leben wir in Nostalgieformen, wir kriechen darin wie Insekten umher. Die Frage an “Die Schöne Müllerin” nach einer gegenwärtigen Originalität entsteht im Material. Welcher Prozess findet statt, wenn ein Mühlenrad an den Ruinen der Moderne dreht, je nach Wasserzufuhr der kühlen Untiefen des Mühlwassers? Diese Zustände des Festhaltens an der Vergangenheit durch Fortschritt, der feste Glaube des Abgekoppelt-Seins von den Dingen, wird vom Standpunkt des Ruhmes des jungen Müllers betrachtet, justament während dieser untergeht. Da drüben, im Vakuum, wartet der Jäger mit seinem selbstfahrenden Auto, um der Müllerin als Pixel am Mars ewige Sicherheit zu versprechen.

Wie klingt es, wenn Roboter schlafwandeln, österreichisches Volksliedgut von der kurdischen Ausnahmesängerin Sakîna Teyna interpretiert wird und eines der Instrumente der Moderne, das Klavier, in den Fluten der Zustände untergeht? Wie klingt es, wenn sich die Sicht vom Nirgendwo ins Wo verschiebt? Der hämische Bach singt ein Wiegenlied für uns alle, während wir uns auf einen Trip in den Traum des Mühlenrades begeben.

Während die Eltern des jungen Müllers, von pixeligen Zwängen geplagt, der Erde entfliehen wollen, können der Müller und die Müllerin bereits durch Wände gehen.

 

Stefan Fraunberger ist ein österreichischer Komponist und Künstler, der sich mit Themen wie Transformation und Liminalität beschäftigt, und dabei die klingenden Aspekte von Materialität in Bezug auf unsere Wahrnehmung erforscht. Stefan führt einen elektroakustischen Dialog mit verschiedenen Instrumenten, Wesen und Akteuren jenseits von Natur und Kultur. Seine Betrachtungen und Verkörperungen des Unheimlichen rütteln am Verständnis von Zeit, Materie, Erinnerung und Übergang. Diese Herangehensweise an Musik als eine Sprache der Dinge, die physische Entitäten und innere Zustände verbindet, bildet den Kern seiner Erforschung von Peripherien und Imaginationen.

Fraunberger studierte Elektroakustische Musik, Arabistik und Euro-Philosophie an der Universität Wien. Eines seiner wichtigsten Live-Instrumente, das Hackbrett, wird häufig in seiner alpinen Heimat sowie in Osteuropa und Zentralasien verwendet – was seinen Schwerpunkt widerspiegelt, der zwischen Tradition und Moderne interpoliert.

Von Wien aus lebte und arbeitete er u.a. in Aleppo, Sana’a, Teheran, Sibiu, Benares, und Brüssel für Sozialarbeit, Residencies, Forschung und Studium. Stefan hat mehrere Sprachen und Dialekte studiert. Seit 2008 betreibt er Klangforschung in verlassenen Kirchenburgen in Siebenbürgen – sein Langzeitprojekt „Quellgeister“ – beschäftigt sich mit dem Einfluss des Nicht-Menschlichen auf verlassene irdische Kirchenorgelmaschinen. Die dritte LP des Quellgeister-Projekts wurde 2019 bei Morphine Records veröffentlicht.

Aufführungen und Aufträge bei Festivals wie Donaufestival, Krems / CTM Festival, Berlin / Meakusma Festival, Eupen / Musikprotokoll, Graz / Outernational Days, Bukarest / Irtijal Festival, Beirut / UH-Fest, Budapest / Radical Tehran, Teheran / Bouquet Stage Kiew / Imago Dei…

© Andreas Fraunberger

Sakîna Teyna ist eine kurdische Sängerin, die seit 1991 unter dem Dach der MKM, dem Zentrum für kurdische Kultur und Kunst in Istanbul, als Vokalistin mitwirkte. Analog zu vielen kurdischen Künstler:innen musste sie in politisch unruhigen Zeiten ihre Musik in der Illegalität weiter betreiben und pausierte für eine lange Zeit aufgrund ihrer politischen Aktivitäten ihr künstlerisches Schaffen. Im Jahr 2006 kam sie als politischer Flüchtling in Österreich an und fing wieder an, Musik zu machen. Sie brachte ihr erstes Soloalbum ROYÊ MI heraus und gründete mit der Pianistin Nazê Îşxan und der Violinistin Nurê Dilovanî die Gruppe TRIO MARA. In Zusammenarbeit mit dem Anadolu Quartet fanden Konzerttourneen in Deutschland und Österreich statt. Im Jahr 2015 gründete Sakina gemeinsam mit Musiker:innen aus Österreich, Spanien, dem Iran und der Türkei die Jazzband Sakina & Friends. In diesen verschiedenen Zusammenarbeiten folgten weitere Alben und zahlreiche internationale Konzerte.

Sakîna Teyna setzt sich in ihren künstlerischen Aktivitäten für Frauen- und Menschenrechte ein. Mit ihrer Musik möchte sie den Reichtum der verschiedenen Kulturen und Sprachen erfahrbar machen.

© Derya Schubert Gülcehre

Schayan Kazemi
Ton- ,Klang- und Zeichensetzer. Lebt und arbeitet als freischaffender Musiker sowie als Kurator in Wien. Studierte zeitgenössische Komposition an der Bruckneruniversität sowie TransArts auf der Universität für Angewandte Kunst. In seinen Arbeiten beschäftigt er sich mit Spektralmusik und grafischen Notationen und wendet diese auf Bereiche wie den der bildenden Künste und Performance an.

© Lisa Zalud

Datum: 01.04.2023
Doors: 19:00
Performance: 19:30
Artisttalk: 21:00

Eintritt:
Abendkassa
18€ regulär
10€ ermäßigt (Studierende, Pensionist*innen, Kulturpass)

Datum

01 Apr 2023

Uhrzeit

19:30

Kosten

€18.00

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